Kurzkommentar: 4-Tage-Woche gegen zu viel Stress ist linke Träumerei

Die Partei Die Linke hat ein Positionspapier vorgestellt, in dem sie die Einführung der Viertagewoche mit vollem Lohnausgleich in ganz Deutschland fordert. Damit liegt sie in vielfacher Hinsicht daneben.

Die Linke argumentiert, dass eine Viertagewoche die Attraktivität von Arbeitsplätzen in Branchen mit Fachkräftemangel erhöhen könne. Die Linke schlägt außerdem vor, ein gesetzliches Recht auf flexiblere Arbeitszeiten einzuführen und eine "Antistressverordnung" zu erlassen, da immer mehr Menschen aufgrund von Stress am Arbeitsplatz krank werden.

Des Weiteren sollen Beschäftigte ein "Wahlarbeitszeitgesetz" erhalten, das ihnen einen individuellen Anspruch auf Änderungen ihrer Arbeitszeit, die an die unterschiedlichen Lebenssituationen der Beschäftigten angepasst sind, ermöglicht. Die Ausgestaltung dieser Modelle soll durch die Tarifparteien in den Betrieben erfolgen. Um die Umstellung auf die Viertagewoche zu erleichtern, sollen Betriebe mit geringem Umsatz und Gewinn staatliche Gelder erhalten, um bei der Umstellung auf die Viertagewoche helfen könnten.

Dies ist keine neue Forderung und wurde schon oft erhoben, zum Beispiel von den Gewerkschaften. Dass die Linke dies nun vorschlägt, kann nur als Versuch gewertet werden, gegen den drohenden Absturz bei den kommenden Wahlen noch einmal von sich hören zu lassen, mit Forderungen, die sich gut anhören und die andere bezahlen – ein Markenkern linker Politik.

Der Standort Deutschland wird durch eine 4-Tage-Woche für Arbeitnehmer sicher attraktiver, aber nicht für Arbeitgeber, die jetzt schon unter den hohen Lohn- und Zusatzkosten stöhnen und bei der Einführung einer 4-Tage-Woche noch schneller die Verlegung ins Ausland betreiben werden. Auch die Forderung nach staatlichen Subventionen für Betriebe, die die 4-Tage-Woche einführen, ist in Zeiten von hohen Staatsschulden und Aufforderung zum Sparen aus der Zeit gefallen. Außerdem ist das Problem beim vielzitierten Fachkräftemangel nicht, dass die sogenannten Fachkräfte wegen der angeblich schlechten Arbeitsbedingungen nicht oder woanders arbeiten wollen. Im Gegenteil, Deutschland hat schon jetzt mit die besten Bedingungen weltweit für Arbeitnehmer. Das Problem sind nicht zu lange Arbeitszeiten, sondern dass es schlicht und ergreifend nicht genug Fachkräfte (sprich Handwerker, Techniker etc.) gibt und diese von größeren und besser bezahlenden Arbeitgebern von den kleinen Firmen abgeworben werden. Am allerwenigsten bringt die Einführung der 4-Tage-Woche etwas im Öffentlichen Dienst, wo die Arbeitszeiten und die Vorteile schon jetzt sehr arbeitnehmerfreundlich sind.

Stress hat weniger mit zu viel Zeit am Arbeitsplatz als mit einer Umgebung zu tun, die immer mehr unterschwelligen Stress macht, etwa durch immer rüdere Umgangsformen und sogar Gewalt einerseits und ständiges Trippeln zwischen den Tretminen der politischen Korrektheit andererseits. Stress kommt außerdem vor allem in Führungspositionen vor, etwa bei Managern, und nicht so sehr bei Angestellten und Arbeitern, an die sich das Positionspapier richtet. In den Führungsetagen ist eine hohe Vergütung die Kompensation für lange und stressvolle Arbeitszeiten.

Weiterhin gibt es zahlreiche eher schlecht bezahlte Angestelltenberufe, die viel mit Stress verbunden sind, wie Kellner, Taxifahrer, Reporter, Pilot, Polizist, Feuerwehrmann und Soldat. Hier liegt der Stress weniger an der langen Arbeitszeit als vielmehr an der risikoreichen oder erschöpfenden Beschäftigung. Dort helfen auch keine Anti-Stress-Verordnung und flexible Arbeitszeiten: Bei diesen Berufen gehört Stress einfach dazu und lässt sich nicht gesetzlich verbieten. Wenn die Kaserne angegriffen wird, wenn ein Haus brennt oder ein Raubüberfall stattfindet, gibt es keine gesetzlichen Ruhezeiten, die erst eingehalten werden müssen. Was die Forderung der Linken allerdings bringt, sind neue Arbeitsplätze in der Bürokratie, vor allem beim Personalmanagement: Noch mehr Verordnungen müssen eingehalten werden, und es wird neue Experten zu allen möglichen Zeitmodellen und zur Beurteilung von Stress geben.

(Quelle: Wirtschaftsforum, Welt, MDR)

 

Sebastian Biehl, Jahrgang 1974, arbeitet als Nachrichtenredakteur für die Achse des Guten und lebt, nach vielen Jahren im Ausland, seit 2019 mit seiner Familie in Berlin.

Foto: Dion Hinchcliffe CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

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Klara Altmann / 25.03.2024

Es gibt ein interessantes Video von Stephan Brandner auf Youtube, in dem er den empörten Bundestagsabgeordneten der Altparteien vorrechnet, wie wenige Sitzungswochen sie im Jahr noch abhalten würden und wie viele zusätzliche freie Tage sie sich gönnen - zufälligerweise immer an Brückentagen. Da wären sie sicherlich allesamt in den Wahlkreisen unterwegs - oder vielleicht eher doch nicht. Und dann darf man sich in solchen Videos noch regelmäßig die gähnende Leere des Bundestages ansehen, außer der AfD-Fraktion findet sich dort oft kaum jemand. Und jetzt gehen solche linke Abgeordnete vielleicht davon aus, jeder Bürger könnte sich ebenfalls Dauerurlaub auf Staatskosten leisten und niemand müsste etwas arbeiten, damit der Staat und die Gesellschaft funktionieren. Und das Steuergeld zum Verprassen, das fällt dann einfach vom Himmel. Oder wer sollte in den Augen jener Linken am Ende der A. sein, der den Laden noch zusammenhält? Wollen sie vielleicht die Sklaverei wieder einführen, vorzugsweise für Rechte? (Achtung: Diese Frage ist bewusste Polemik bzw. Satire - nötige Erklärung für Linke und Grüne und sonstige Anwender der einfachen Sprache.)

W. Renner / 25.03.2024

Vier Tage Woche als Influencer auf dem Lastenrad. Ich hole die Chips raus und schaue, wer als erster bei der örtlichen Tafel ankommt und eine Kelle vom veganen Fencheleintopf für den fünften Tag gewinnt.

Helmut Driesel / 25.03.2024

  Die Linke in DDR-Zeit hätte zur selben Problemlösung was vorgeschlagen? Überstunden, Sonderschichten und Sonntagsarbeit! Verkürzung der Arbeitszeit steigert aber die Nachfrage. Ich weiß nicht, ob es ein Nachfrageproblem gibt in D. Wenn ich mir die Zusammensetzung des sogenannten Fachkräftemangels ansehe, zweifle ich auch daran. Es ist ein wohlfeiles Narrativ, das von allen möglichen Gruppen mit unterschiedlichen Egoismen geritten wird. Und es hängt an allen Ecken und Enden mit der Migrationsproblematik zusammen, ja sogar dort, wo Bauarbeiter und Elektriker fehlen. Normalerweise ist aber ein Wirtschaftsministerium ein Ort, wo die Bedarfe in diesem Land bekannt sind. Sollte es sein. Normalerweise sollte dort die Option bestehen, mit Federstrichen Einfluss auf alles und jedes zu nehmen. Wenn gewünscht. Das ist offenbar nicht der Fall. Jede neue Misere kommt denen recht.

Klaus Keller / 25.03.2024

In der Krankenpflege sorgte die Verkürzung der Wochenarbeitszeit in der Vergangenheit in erster Linie zu einer Arbeitsverdichtung. Wenn bei theoretisch 14 Mitarbeitern jeder in 14 Tagen einen freien Tag mehr hat, fehlt jeden Tag einer obwohl die Zahl der Patienten nicht sinkt oder diese weniger hilfsbedürftig sind. +++ Ich hatte mich mal in der Schweiz beworben, woraus leider nichts wurde. Die Vorgaben lauteten 4 Wochen Freien und 40 Stundenwoche bei sehr viel mehr Geld. Auf der besseren Basis kann dann jeder entscheiden ob er weniger arbeiten will. Ich würde das Konzept der Schweiz übernehmen.

Wolfgang Richter / 25.03.2024

@ Rolf Wächter - “In meiner Jugend gab es die 48-Stundenwoche” - In meiner Jugend gab es noch die 6-Tage-Schulwoche, Montag bis Freitag je 6 Stunden, Samstag durften wir noch mal 5 Stunden, und am Mittwoch nachmittags noch mal 2 Stunden Leitungskurs oben drauf. Natürlich zuzüglich Hausaufgaben für jedes Fach. Nebenher war auch noch bis “14” was mit Konfirmandenunterricht”. Und für Taschengeld war Arbeiten beim nachbarschaftlichen Bauern angesagt, geht ja heute auch nicht mehr, wegen “Kinderarbeit”. Und nebenher haben wir uns noch Gelegenheiten geschaffen, unsvon zu Hause “abzuseilen”, waren dank noch nicht erfundenem Handy und sonstigen Trackern für wollende “Helikopter-Eltern” völlig frei und von der Fahne. Das machte dann auch fit für die Ausbildung und den Beruf.

Wolfgang Richter / 25.03.2024

@ Emil.Meins - “Vorstoß der Linken als Wahlkampfmanöver betrachtet:”—Ich wußte bisher gar nicht, daß die Rest-Linke noch andere Wahlprogramme hat, als die zuletzt von einer ihrer Abgeordnet*innen angesprochene Diskriminierung von “gelesenen” Sitzpinkler*innen” gegenüber “gelesenen” Stehpinkler*innen bezüglich der Benutzung von Pissoirs. Muß ja auch mal angesprochen und vor allem zügigst geregelt werden.

Wolfgang Richter / 25.03.2024

Ist doch eine tolle Idee, denn dann brauchts auch nur 4 Tage Kita-Platz und schon ist auch dieses Problem gelöst, zumindest so lange bis der weltweit zu beobachtende massive Geburtenrückgang sich hier zählbar bemerkbar macht. Und weil nix mit nix zu tun hat, wird diesbezüglich natürlich der von den “Leugnern” von Anfang an ins Feld geführte Hinweis auf die toxische Wirkung einer gewissen “Impfung” ausgeblendet. Am Ende regelt sich dann alles von “selbst”.

Ralf.Michael / 25.03.2024

Ich fordere zusätzlich obendrein endlich ” Freibier für Alle “........

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