Peter Grimm / 06.05.2024 / 10:00 / Foto: Imago / 103 / Seite ausdrucken

Politik für ausgewählte Gewalttaten?

Nach dem brutalen Angriff auf einen SPD-Europaparlamentarier in Dresden rufen die Regierenden wieder zum „Kampf gegen rechts“, und die Innenministerin will mit „Maßnahmen“ reagieren. Die vielen anderen Gewalttaten interessieren sie hingegen nicht so sehr.

„Rechter Angriff in Dresden: SPD-Spitzenkandidat schwer verletzt“, titelte die taz. Bundesweit bekam der brutale Überfall auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, den EU-Abgeordneten Matthias Ecke, große Aufmerksamkeit. Vier junge, schwarz gekleidete Männer hatten den Politiker den Meldungen zufolge am Freitagabend beim Plakatieren auf der Straße angegriffen und so schwer verletzt, dass er notoperiert werden musste. Am Samstag war dieser Überfall Top-Meldung in den Medien. Etliche Minister, Parteienvertreter, Ministerpräsidenten, der Bundeskanzler und der Bundespräsident gaben sich entrüstet. Wer diese jungen Männer waren und warum sie zugeschlagen haben, darüber gab es bis zum Montagmorgen nur bruchstückhafte Informationen. Ein Siebzehnjähriger hätte sich – begleitet von seiner Mutter – der Polizei gestellt und zur Tat bekannt. Trotz der Schwere der Tat wurde er aber nicht in Haft genommen.

Selbstverständlich darf ein solcher Angriff nicht hingenommen werden, und es bedarf einer entschlossenen Aufklärung und Strafverfolgung. Die politischen Verantwortungsträger werden aber gerade in einem solchen Fall verbal aktiv, weil es einen der ihren trifft und etliche auch sofort wussten, wo sie die Täter zu verorten haben. Zitieren wir noch einmal die taz:

Noch sind die genauen Hintergründe der Tat unklar. Die deutsche SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl Katarina Barley machte die AfD jedoch verantwortlich, den Boden für solche Übergriffe bereitet zu haben: „Wir alle erinnern uns an die Worte von Alexander Gauland: Wir werden sie jagen. Und das ist ein Teil dieser Entwicklung.“ sagte Barley am Samstagnachmittag auf einem Demokratiekongress der europäischen Sozialdemokraten in Berlin.“

Und bei zdf.de hieß es:

Bundeskanzler Olaf Scholz forderte als Reaktion auf den Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke ein geschlossenes Vorgehen gegen rechts. Der Angriff sei bedrückend, sagte Scholz ebenfalls am Samstag bei einem Demokratiekongress zur bevorstehenden Europawahl in Berlin.

Die Demokratie wird von so etwas bedroht, und deshalb ist achselzuckendes Hinnehmen niemals eine Option.

Der Kanzler weiter: "Wir müssen gemeinsam dagegen stehen." Dass solche Angriffe geschehen, habe auch etwas mit Reden, die gehalten würden, und mit Stimmungen, die erzeugt würden, zu tun, sagte Scholz mit Blick etwa auf die rechtspopulistische AfD. Scholz wünschte Ecke beste Genesung – er sprach sich zudem für eine rückhaltlose Aufklärung aus.“

Mehr und weniger energische Aufklärungsaufrufe

Eine rückhaltlose Aufklärung ist nach einer solchen Gewalttat eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die von einem Bundeskanzler nicht extra gefordert werden müsste. Aber diese wahrscheinlich politische Gewalttat ruft Politiker natürlich auf den Plan, wenn einer der ihren das Opfer ist.

Weniger energische Aufklärungsaufrufe gibt es, wenn AfD-Politiker Angriffsziel politisch motivierter Gewalttaten werden. Seit Jahren trifft das Vertreter dieser Partei häufiger als die der parteipolitischen Konkurrenz. Aber jetzt sollen die Innenminister plötzlich tätig werden, berichtete u.a. die Tagesschau

Nach dem brutalen Angriff auf einen SPD-Politiker in Dresden sollen die Innenminister von Bund und Ländern schon über Schutzmaßnahmen beraten. Den Vorschlag einer solchen Sonderkonferenz brachte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen (CDU), bestätigte nun in der "Rheinischen Post", dass das informelle Treffen am Dienstag stattfinden soll. (...) Der Rechtsstaat muss und wird hierauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren", sagte sie. 

Die Süddeutsche Zeitung zitiert die Ministerin so: „Wir brauchen noch mehr sichtbare Polizeipräsenz vor Ort, um Demokraten an Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen zu schützen“.

Wie soll man solche Sätze verstehen? Die Innenministerin ruft nicht zu „weiteren Schutzmaßnahmen“ für alle von steigender Gewaltkriminalität bedrohten Bürger auf oder für alle von politischer Gewalt bedrohten Wahlkämpfer, sondern exklusiv für die „demokratischen Kräfte in unserem Land“. Verdient also keine „weiteren Schutzmaßnahmen“, wen Nancy Faeser nicht zu den „demokratischen Kräften“ zählt? Verdienen nicht alle Bürger unabhängig von ihrer Gesinnung einen effektiven Schutz vor Gewalttaten?

Offensichtlich gibt es für die Ministerin verschiedene Opferkategorien, wenn es um die Reaktion auf Gewalttaten geht. Im Falle von Matthias Ecke ist es die Sonderkonferenz der Innenminister, um möglichst mehr Polizeischutz für die Wahlkämpfer zu beschließen, die Nancy Faeser für demokratisch genug hält, dass sie selbigen verdienen.

Was blieb unerwähnt?

Als im letzten Jahr zwei Jugendliche bei dem Messerangriff eines Palästinensers in einem Regionalzug bei Brokstedt getötet wurden und damit die gestiegene Zahl der Messerangriffe Thema wurden, dauerte es ein paar Monate, bis man von Nancy Faeser hörte: „Ich werde nächste Woche bei der Innenministerkonferenz ein generelles Messerverbot in Zügen und im gesamten öffentlichen Nahverkehr vorschlagen“. Das Ergebnis ist bekannt.

Der Überfall auf Matthias Ecke war jedenfalls ein Anlass für viele Organisationen, wieder einmal gemeinsam mit Regierungspolitikern „gegen rechts“ zu demonstrieren. Wichtig war es dabei natürlich auch, zu betonen, dass der Angriff auf den SPD-Wahlkämpfer aus Dresden kein Einzelfall sei. Diesen Ton hatte ja auch schon der Bundespräsident vorgegeben

„Es ist unerträglich, wenn Vertreter von Verfassungsorganen wie die Vizebundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt, Europawahlkämpfer wie der Dresdner Matthias Ecke und Amtsträger wie der dritte Essener Bürgermeister Rolf Fliß bei ihrer demokratischen Arbeit angegriffen, behindert oder sogar geschlagen und verletzt werden.“

Hier werden aber Geschehnisse zu einer Melange verrührt, die gar nichts miteinander zu tun haben, außer dass es Politiker der Regierungsparteien SPD und Grüne trifft. Es ist schon dreist, einen brutalen Angriff mit einem Schwerverletzten gleichzusetzen mit einem gewaltlosen Blockade-Protest, der – wenn sogenannte Klima-Kleber ähnliches tun – von der Politik sogar goutiert wird. Und beim Angriff auf die grünen Amtsträger in Essen dürfte das Täter-Bild nicht so ganz für eine Anti-Rechts-Demonstration taugen, wenn man der WAZ glauben darf: 

Zwei prominente Essener Grünen-Politiker sind am Donnerstagabend (2. Mai) nach einem Restaurant-Besuch in Essen-Rüttenscheid angegriffen worden – einer von ihnen tätlich. Opfer der Prügelattacke ist der grüne Bürgermeister Rolf Fliß (65), der in Rüttenscheid seit Jahrzehnten seinen Kommunalwahlkreis hat. Der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring (46) war Zeuge des Vorfalls, den auch die Essener Polizei bestätigte.

Zu der Auseinandersetzung sei es gegen 22.20 Uhr vor dem italienischen Restaurant „Il Pomodoro“ auf der Rüttenscheider Straße 227 gekommen. Zwei Männer, also Fliß und Gehring, hätten sich zunächst mit einer Gruppe von Männern unterhalten, die als arabischstämmig („südländischer Phänotyp“) beschrieben werden. Dann sei die Stimmung gekippt. „Der Geschädigte erhielt zwei Schläge mit der flachen Hand, einen gegen den Kopf, den anderen gegen den Hals“, so Polizeisprecher Hendrik Heyer.“

Und warum ist das überregional kaum bekannt? Weil die Opfer des Überfalls den „mutmaßlichen Migrationshintergrund der Gewalttäter“ in ihrem eigenen Statement unerwähnt ließen, wie die WAZ ebenfalls vermerkt. Warum sie das taten? Vielleicht weil sie annahmen, dass sie sonst weniger Fürsorge und Unterstützung aus dem eigenen Umfeld erfahren würden.

Foto: Imago

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Silas Loy / 06.05.2024

Wie war das denn mit Frank Magnitz (AfD) der 2019 in Bremen von mehreren(!) Linken krankenhausreif geschlagen wurde. Da war nicht nur ein Auge geschwollen wie nach einer Wirtshausprügelei, da war der ganze Kopf mit Prellungen übersäht und bandagiert. Was ist mit dieser brutalen Hammerbande, die ja nur aus “guten Motiven” (Richterin) so bösartig gewaltsam vorgegangen ist? Was ist mit den zahlreichen Attacken auf Pegidademonstranten und ihren Verletzungen? Was ist mit Slowiks Berliner Prügelpolizei, die völlig unverhältnissmässig harmlose Demonstranten verdroschen hat bis es blutete? Und wie war das neulich mit Herrn Chrupalla (AfD), der einer Spritzenattacke zum Opfer fiel und sich auf der Intensivstation wiederfand? Wer zu all dem nichts zu sagen wusste, sollte auch jetzt schweigen!

Talman Rahmenschneider / 06.05.2024

Die Frau Faeser hat etwas bei mir gewonnen, seit ich gelesen habe, dass sie nur sehr wenig Geld raushaut für Frisur und Make-Up, ungefähr ein 25stel von dem, was die Käthe Kruse-Puppe meint zu brauchen, wenn ich mich recht erinnere.

Talman Rahmenschneider / 06.05.2024

“Selbstverständlich darf ein solcher Angriff nicht hingenommen werden”.....blablabla, es gibt so viel Gewalt aller Art. Das Problem hier ist eher, dass in Zeiten der Digitalisierung ein Politiker überflüssige Plakate klebt, die eh keiner ansieht, Das er es selbst macht, ist das eine Problem. Das zweite ist, dass dieser altmodische Quatsch immer noch gemacht wird. Das war jetzt etwas Schlimmes. Aber normalerweise kleben die da, bezahlt mit unserem Steuergeld, und werden dann schnell abgerissen. Wer war’s denn? Vier? Interessant. Ich würde alles stehen und liegen lassen, wenn ich ab zwei junge Männer sehe, bei vieren erst recht, egal welcher Richtung. Das Problem ist weniger die politische Richtung, sondern dass wir junge Männer in Gruppen haben, die gewalttätig sind. Immer mehr. Saopaolosierung.

Wolfgang Richter / 06.05.2024

Das derzeitige politische Hyperventilieren ist schön zu beobachten, denn es kommt von denen, die in Hinsicht auf akzeptierte Gewalt den Zeitgeist aus der Flasche gelassen haben. Ich hab e noch deren Gelächter im Kopf, als vor Jahren ein Afdler in Bremen übel zugerichtet wurde. Und auch deren Gehässigkeiten zum persönlichen Angriff mittels Spritze auf Herrn Chrupalla, gekrönt von herablassenden Sprüchen zur Strafverfahrens-Einstellung gehen die beiden bekannten Tatverdächtigen. Und nun ist der Geist halt aus der Flasche und läßt sich nicht mehr zurück stopfen. Das kommt davon, wenn “Dummbatzen” nicht kapieren können, daß bei einem ausgetreckten Zeigefinger idR 3 andere Finger auf einen selbst zeigen. Also jetzt mal Größe zeigen und nicht herumjammern über Lebenserfahrungen, die man anderen wohlfeil vergönnt hatte.

Arnold Balzer / 06.05.2024

So, so. Der Ecke ist verprügelt worden! Was ist daran so besonders? Seit Jaaahren werden werden AfD-Politiker und -Wahlhelfer an Ständen und beim Plakatieren beschimpft, angegriffen, verprügelt und kein Schwein in der Systempresse nimmt das zur Kenntnis. Ebenso werden AfD-Versammlungen oder -Demonstrationen be- oder verhindert und die Teilnehmer verletzt. Und immer dabei sind die linksfaschistischen SA-Truppen, die sich Antifa nennen und von Sozen, Linken und Grünen unterstützt werden. Da kann ich nur sagen: Tja, Ecke, so ist das halt in diesem Land - kein Grund zur Aufregung!

Dietrich Herrmann / 06.05.2024

Die SPD steht doch für das Rot in der Ampel. Und was bedeutet Rot, wenn es leuchtet? Stillstand!!!    Und genau so läufts bei dem Scholz-Regime.

Gerhard Schmidt / 06.05.2024

Vor einigen Tagen traten ein 15-jährige Marokkaner und ein etwas ältere Tunesier einen Deutschen tot, fast geschlossenes Schweigen im Blätterwald. Heute in den Staatsmedien: Rechter Mordanschlag, Demokratie in höchster Gefahr. Man könnte meinen, der Reichstag brennt… Oh, diese Heuchler, sie werden ihrer Strafe (Abwahl ihrer Herren und Verlust ihrer Pfründen) nicht entgehen!

Sabine Meyer / 06.05.2024

Ah ja, Propaganda 2.0, wenn sonst nichts mehr geht. Die Wessis haben alle Angst. Bitte, bitte liebe Ossis und das ist mein Kosename für euch, denn ihr wisst, was vor sich geht, lässt nicht nach und schickt diese Mischpoke in den Orkus. Ich möchte das noch erleben.

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